Die EU-Kommission hat im Green-Deal das Null-Schadstoff-Ziel für Luft, Wasser und Boden verankert. Für die Gewässer soll vor allem die Weiterentwicklung der Europäischen Richtlinie über die Behandlung von kommunalen Abwasser, kurz Kommunalabwasserrichtlinie, wesentlich zu diesem Ziel beitragen. Die DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall unterstützt die geplante Weiterentwicklung ausdrücklich. Gewässer müssen europaweit zukünftig noch besser vor Einträgen von Nährstoffen, Spurenstoffen und Mikroplastik geschützt werden. Dabei muss das Niederschlagswasser zukünftig stärker in den Fokus genommen und ein intelligentes Niederschlagswassermanagement in die Kommunalabwasserrichtlinie integriert werden. „Die Wasserwirtschaft ist gerne bereit, einen noch größeren Beitrag zum Schutz der Gewässer zu leisten. Alleine kann die Wasserwirtschaft dieses Ziel, insbesondere bei Spurenstoffen und Mikroplastik, aber nicht erreichen. Notwendig ist eine erhebliche Stärkung des Verursacherprinzips vor allem durch eine erweiterte Herstellerverantwortung, nicht nur in Deutschland, sondern auch auf EU-Ebene,“ betont DWA-Präsident Prof. Uli Paetzel. „Dabei geht es nicht nur um die Finanzierung einer weitergehenden Abwasserbehandlung. Über die Herstellerverantwortung müssen auch klare Anreize geschaffen werden, Umweltaspekte bereits bei der Entwicklung der Produkte deutlich stärker zu berücksichtigen.“
Für einen besseren Gewässerschutz fordert die DWA eine aktive Politik zur Vermeidung beziehungsweise Verringerung von schädlichen Stoffeinträgen. Dies gilt insbesondere für pharmazeutische,
industrielle und kosmetische Produkte. Unter Bewertung des Risikos muss der Eintrag von persistenten, mobilen und toxischen Stoffen in den Wasserkreislauf quellenbezogen, anwendungsbezogen und
nachgeschaltet deutlich vermindert werden. Bei Schadstoff-Hot-Spots und bei der Einleitung in empfindliche oder belastete Gewässer ist der Ausbau von Kläranlagen mit weitergehenden
Reinigungsstufen oft eine Lösung. Aufgrund der komplexen Technik sollten sich europäische Vorgaben hier aber auf größere Kläranlagen mit mindestens 50 000 Einwohnerwerten beschränken. Zudem muss
die EU ein schlüssiges Finanzierungskonzept vorlegen, das die Verursacher – Hersteller, Verarbeiter und Vertreiber von entsprechenden Erzeugnissen - in die Pflicht nimmt. Diese erweiterte
Herstellerverantwortung darf sich nicht auf die Finanzierung von End-of-Pipe-Lösungen, die Erweiterung der Kläranlagen, beschränken. Eine sachgerechte Strategie muss bereits an den Quellen der
Eintragspfade ansetzen, um Einträge zu vermeiden, anstatt diese aufwendig aus dem Wasserkreislauf zu entfernen.
Niederschlagswassermanagement
Niederschlagswasser stellt eine bedeutende Quelle für Gewässerverschmutzungen dar. Das Fraunhofer-Institut UMSICHT hat beispielsweise bereits 2018 in einer viel beachteten Konsortialstudie
Reifenabrieb als den mit Abstand wichtigsten Eintragspfad von Mikroplastikeintrag in die Gewässer identifiziert. EU-weit geltende Vorgaben für den Umgang mit Niederschlagswasser gibt es aktuell
nicht, Niederschlagswassermanagement ist kein Bestandteil der Kommunalabwasserrichtlinie. Bei der Weiterentwicklung der Richtlinie muss die EU diese Regelungslücke schließen und
Niederschlagswassermanagement in die Richtlinie integrieren. Die DWA setzt sich dabei für folgende Grundsätze ein: Unbelastetes Niederschlagswasser sollte möglichst nicht mit Schmutzwasser
vermischt werden und belastetes Niederschlagswasser nicht unbehandelt in die Gewässer gelangen können. Eine generelle Festlegung auf ein bestimmtes Entwässerungssystem – Mischkanalisation oder
Trennkanalisation – ist nicht förderlich. Festlegungen bedürfen einer ortsbezogenen Bewertung, wobei bereits vorhandene Kanalisationseinrichtungen, die stofflichen Belastung des
Niederschlagswassers sowie besondere stoffliche Belastungen der Gewässer in die Beurteilung einzubeziehen sind. Die DWA-Position „Revision der Europäischen Kommunalabwasserrichtlinie“ enthält
dazu konkrete Vorschläge.
Kommunalabwasserrichtlinie
Mit dem Inkrafttreten der Kommunalabwasserrichtlinie im Jahr 1991 legte die EU Mindestanforderungen für das Sammeln, Behandeln und Ableiten von Abwasser fest. Seitdem hat die
Kommunalabwasserrichtlinie erheblich zur Verbesserung der Gewässerqualität in den EU-Mitgliedstaaten beigetragen. Bei der Erarbeitung der Kommunalabwasserrichtlinie vor rund drei Jahrzehnten
stand aber vor allem die Eutrophierung der Gewässer im Fokus. Mit der Weiterentwicklung will die Kommission nun den Anwendungsbereich auf neu auftretende Verschmutzungen ausdehnen, die Richtlinie
an die durch den Klimawandel bedingten gesellschaftlichen Probleme anpassen und die im Green Deal verankerten Null-Schadstoff-Ziele erreichen. Einen Entwurf für die Weiterentwicklung hat die
EU-Kommission für das Frühjahr 2022 angekündigt.
Quelle: Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA)